Das immer gleiche Partyleben der Neunziger, exemplarisch geschildert am Beispiel eines manischen Blauwals aus Darmstadt
Die selbstgemachte kleine Comic-Serie „Bummsi der fliegende Wal“ erschien Anfang der Neunziger Jahre im Eledil in Darmstadt, einer Kellerkneipe mit besonderem Flair. „Erschien in der Kneipe“ ist wörtlich gemeint: Ich zeichnete zu Hause auf Din A3 Papier, verkleinerte die Strips im Copyshop auf Din A4, und verkaufte die kopierten Heftchen – wenn wieder mal eines fertig war – abends für eine Mark das Stück. Undenkbar das alles, heutzutage…
Wer kennt das Eledil noch? Darmstadt, Südhessen, Neunziger Jahre?
Man munkelte es sei zuvor ein Saunaclub gewesen. Ein Puff gar. Es gab einen Swimming Pool (leer), es war dunkel und ungemütlich, durchgeknallte Architekturstudenten hatten überall Eisenkonstrukte hingeschweißt.
Die Stühle waren aus Stahl, die Theke war aus Stein. Die Decke war niedrig, die Küche voller Schaben. Aber wir gingen nicht zum Essen hin.
Wir kamen um zu trinken, und wir tranken im Stehen.
Die Gläser waren aus Glas.
Wenn ich nicht in der Kneipe war (also tagsüber), studierte ich, machte Musik oder zeichnete kleine Comics. Thema waren die Personen und Gegebenheiten meines Alltags: Wale, die zu viel tranken; Haie, die zu viel aßen; Kraken, denen zu viel zugemutet wurde; Muränen, die zur Miete wohnten; Fische, die die Zeche mit dem Leben bezahlten.
Tja, so war es, das harte Leben in der provinziellen westdeutschen Wohlstandswelt des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Wie es zur Entstehung von ausgerechnet „Bummsi dem fliegenden Wal“ kam, weiß ich heute nicht mehr. Er war ein typischer Partygänger mit unmöglichem Namen, wie sie damals zu Dutzenden umherfielen.
Der Name verhieß mehr Spaß, als der Wal tatsächlich hatte. Maßlose Euphorie über gar nichts wechselte sich ab mit tiefer Niedergeschlagenheit. Gemeinsame Freude wich stets der bitteren Erkenntnis, dass man beim Gefressenwerden alleine ist.
Als zutiefst pessimistisches und deprimierendes Stück selbstgemachter Populärkultur war die Serie nie darauf angelegt, zeichnerisch zu brillieren, sondern wollte einfach nur lustig sein! Das ist klar, oder?
Da der Semmelbrösel-Verlag Bummsi nicht wollte (sie hatten gerade was in der Mache, was auch unter Wasser spielte…), sah ich mich gezwungen, die Zeichnungen zu fotokopieren und in der Kneipe zu verkloppen. So entstanden insgesamt 4 kleine Bände, randvoll mit bis zu 8 Geschichten.
Hier geht’s zu den einzelnen Bummsi-Bänden:
Bongozongobozongoboing bongozongobozongoboing …
Ich erinnere mich gut ans Eledil: Nette Leute, die Schnitzel günstig aber gut, und alleine wegen der Aussicht hat es sich gelohnt.
Ja, so lautete ja auch der Slogan: Ein Aufstieg der sich lohnt.
Aber nee, im Ernst jetzt, du warst im falschen Film fürchte ich.